Am Vorabend der Stiftsgründung

Eine christliche Gemeinde entwickelte sich schon in römischer Zeit. Seit dem 4. Jahrhundert gab es einen Bischof in Mainz. In nachrömischer Zeit erlangte der Mainzer Bischof nach und nach die Stadtherrschaft. Er war sowohl geistlicher Würdenträger als auch weltlicher Fürst. Entscheidende Impulse gingen von Missionserzbischof Bonifatius aus. Unter Erzbischof Willigis erreichte die Bedeutung des Mainzer Erzbischofs ihren Höhepunkt.

0.1.Anfänge - die römische Zeit

Das römische Militärlager mit seiner Zivilsiedlung wurde im Zuge der Verwaltungsneuordnung des römischen Kaisers Diokletian zur Metropole der neuen Provinz Germania prima. [Anm. 1] Schon in römischer Zeit hatte sich in Mainz eine Christengemeinde gebildet. Von 342/343 n. Chr. datiert auch der älteste eindeutige Beleg für einen Mainzer Bischof namens Marinus/Martinus. Über die Kathedralgruppe im heutigen Dombereich hinaus gab es in Mainz ein an Rom erinnerndes Kirchenensemble. Die Kirchen lagen bei ehemaligen römischen Friedhöfen: St. Alban, St. Victor (in Weisenau), St. Marien in den Feldern (in der Nähe der Alten Ziegelei), Heiligtum des Justinus und Aureus (Zahlbacher Tal), St. Clemens und St. Peter (Einmündung Goethestraße in die Rheinstraße). Dazu kam in fränkischer Zeit St. Theonest. Nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft am Rhein war das Christentum ein wesentliches Element der Kontinuität von Antike zum Mittelalter.

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0.2.Wiederaufbau - die nachrömische Zeit

St. Albanskirche in Mainz[Bild: unbekannt]

Nach dem Erlöschen der römischen Herrschaft in Mainz um die Mitte des 5. Jahrhunderts gehörte die Stadt zum Reich der Merowinger. Den Bischöfen verdankte die Stadt in nachrömischer Zeit ihren Aufschwung. Um die Mitte des 6. Jahrhunderts wurde Bischof Sidonius wegen seiner kirchlichen und weltlichen Aufbauleistungen rühmend erwähnt. Der Rheinhandel blühte auf, eine Münzprägestätte entstand, Klerikergemeinschaften bildeten sich (Dom, St. Alban, St. Victor) und neue Kirchen wurden gebaut (St. Georg, St. Nicomedes, St. Quintin). Daneben entstanden zahlreiche Adelskirchen (St. Lambert, Altmünster bzw. Hagenmünster, Udenmünster, St. Brigida, St. Christoph, St. Ignaz).

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0.3.Aufschwung - die Zeit ab Bonifatius

Bonfatius-Denkmal, 18. Jahrhundert[Bild: Elmar Rettinger]

Besondere Aufwertung erfuhr Mainz durch den Missionserzbischof Bonifatius. 746/747 übernahm dieser eher unfreiwillig das Bistum Mainz. Seine Nachfolger auf dem Mainzer Stuhl nutzten Bonifatius' Ruhm, um Mainz als kirchliche Metropole nördlich der Alpen aufzuwerten. 781/782 wurde unter seinem Nachfolger Lul (754-786) die Erzbischofswürde fest mit dem Mainzer Stuhl verbunden.

Die Päpste hatten im 10. Jahrhundert die Erzbischöfe Friedrich, Wilhelm und Willigis für das Reichsgebiet nördlich der Alpen zu ihrem Vikar (Stellvertreter) ernannt. Das rückte die Mainzern Erzbischöfe an die erste Stelle innerhalb des Reichsepiskopates. Die besondere Bindung der Mainzer Kirche an die römische äußert sich auch der Bezeichnung sancta sedes Moguntina (´Heiliger Stuhl zu Mainz´). Mainz ist die einzige Bischofskirche, die diesen sonst Rom vorbehaltenen Ehrentitel führt. Auch die Benennung der Stadt als "goldenes Mainz" greift auf römisches Vorbild zurück.

Die wachsende Bedeutung der Stadt spiegelte sich in ihren Kirchenbauten. Neben einer ersten Klostergründungswelle im 7./8. Jahrhundert (St. Alban, St. Nicomedes) bildeten sich ab dem 8./9. Jahrhundert einzelne Pfarreien heraus (St. Quintin, St. Emmeran). Zahlreiche Stifte wurden gegründet (St. Mauritius, St. Peter, St. Gangolph). Der Mainzer Kirchenbau orientierte sich am Beispiel der Stadt Rom (Romimitation).

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0.4.Mainzer Erzbischof und Königskrönung

Reichskrone 10. Jahrhundert[Bild: Wikipedia-Nutzer Gryffindor [gemeinfrei]]

Die Karolinger hatten bei ihrem Aufstieg zur Königswürde die Zeremonien der Königserhebung durch eine geistliche Handlung ergänzt: Wie die Könige des Alten Testaments wurde Pippin 751 zum König gesalbt - nach späterer Tradition, die in Mainz rezipiert wurde, durch Bonifatius. [Anm. 2] Später trat dann noch die Krönung als Ritus der Herrschaftseinweisung hinzu. Die Salbung verlieh dem König eine sakrale Würde und wurde von einem Bischof vollzogen. Seit der Königserhebung Ottos des Großen (936) wurden Salbung und Krönung unentbehrlich, um den deutschen König in sein Amt einzuweisen. Im 10. Jahrhundert waren die Mainzer Erzbischöfe maßgeblich an jeder Krönungshandlung beteiligt. Die Krönungen wurden in der Tradition Karls des Großen in Aachen (Kirchenprovinz Köln) vorgenommen. Dadurch erhielt der Mainzer Erzbischof eine Vorrangstellung vor seinen Trierer und Kölner Amtsgenossen, da es ihm als einzigem erlaubt war, außerhalb seiner eigenen Kirchenprovinz geistliche Amtshandlungen durchzuführen. Für Erzbischof Willigis, der 975 Mainzer Erzbischof wurde sollte das Krönungsrecht eine besondere Rolle spielen.

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Nachweise

Literatur:

  • 2000 Jahre Mainz, CD
    2000 Jahre Mainz. Geschichte der Stadt-digital. CD-ROM. Hg. vom Institut für Geschichtliche Landeskunde. Elmar Rettinger (Redaktion), Peter Eulberg (technische Realisierung) u. a. 2. aktualisierte Auflage. Mainz 2001.
  • Dumont/Scherf, Mainz
    Franz Dumont, Ferdinand Scherf (Hg.): Mainz. Menschen - Bauten – Ereignisse. Eine Stadtgeschichte. Mainz 2010.
  • Dumont/Scherf/Schütz, Mainz
    Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz (Hg.): Mainz – Die Geschichte der Stadt. von Zabern, Mainz 1999 (2. Aufl.).
  • Falck, Mainz im frühen und hohen Mittelalter:
    Ludwig Falck: Mainz im frühen und hohen Mittelalter (Mitte 5. Jahrhundert bis 1244). Mainz1972.
  • Hehl, Willigis 975-1011
    Ernst-Dieter Hehl: Die Mainzer Kirche in ottonisch-salischer Zeit. In: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte. 1. Band: Christliche Antike und Mittelalter. 1. Teil. Hg. v. Friedhelm Jürgensmeier. Würzburg 2000 (= Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6,1,1), S. 195-289, hier § 8: Erzbischof Willigis (975-1011) – Höhepunkt und Selbstbehauptung, S. 223-256.
  • Hehl, Willigis und die Mainzer Bautätigkeit im 10. Jahrhundert
    Ernst-Dieter Hehl: Ein Dom für König, Reich und Kirche. Der Dombau des Willigis und die Mainzer Bautätigkeit im 10. Jahrhundert. In: Basilica nova Moguntina. 1000 Jahre Willigis-Dom St. Martin in Mainz. Beiträge zum Domjubiläum 2009. Hg. v. Felicitas Janson u. Barbara Nichtweiß. Mainz 2010 (= Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz 2009/2010), S. 45-78.
  • Jürgensmeier, Bistum Mainz
    Friedhelm Jürgensmeier: Das Bistum Mainz. Knecht, Frankfurt M. 1988.

 

Verfasser: Dr. Elmar Rettinger

Redaktionelle Bearbeitung: Dr. Elmar Rettinger

Erstellt: 4.10.2012

Zuletzt geändert: 18.10.2012

Anmerkungen:

  1. Überarbeiteter Text aus 2000 Jahre Mainz. Geschichte der Stadt - digital. CD-ROM ebenso zum Folgenden. Zurück
  2. Vgl. die Publikationen von Hehl.  Zurück
 
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